Borjana Ventzislavova.
Und der Himmel klärt sich auf (MAGIC RESISTANCE)
Boris Manner
In ihrem Film Und der Himmel klärt sich auf (MAGIC RESISTANCE) lässt Borjana Ventzislavova fünf Darstellerinnen an signifikanten Plätzen in Wien künstlerisch – magische Rituale durchführen. Mit Hilfe von Gegenständen wie Eiern, Milch, einem Wedel dessen Bänder in den Regenbogen-farben gehalten sind agieren die fünf Protagonistinnen in langsamen und bedächtig komponierten Einstellungen. Die jeweiligen Handlungsabfolgen – Milch wird in Gläser gegossen, ein Ei zerdrückt, weißes Pulver in die Donau geschüttet – erzeugen den Eindruck Zeugin / Zeuge eines Rituals zu sein. Es sind sympathetische Wirkungen die hier evoziert werden. Das Ritual richtet sich direkt an den adressierten Ort ohne die Notwendigkeit eines rationalen und kausalen Zusammenhanges mit demselben. Wirkung soll durch Übertragung provoziert werden. Das Wien in dem diese Handlungen stattfinden wird in den perfekt montierten Filmbildern der Künstlerin als beinahe menschenleere und geräuschlose Kulisse vorgeführt. Die ausgewählten Plätze sind geschichts- und symbolkräftig. Der Balkon der Hofburg auf dem Hitler nach dem Anschluss 1938 eine Rede hielt, das Innenministerium dass zur Zeit als der Film entstand von einem rechtspopulistischen Politiker geleitet wurde, der Theseustempel der ursprünglich die Monumentalskulptur des mit dem Minotaurus kämpfenden Theseus beherbergte und die Donau die je schon die Verbindung von Wien mit dem Balkan und dem Orient symbolisiert.
Diese mit Geschichte aufgeladenen Plätze, die auch negative Konnotationen auslösen können, sollen offensichtlich durch die Aktionen der Darstellerinnen gereinigt werden. Der Begriff der Resistance aus dem Titel des Films wandelt sich durch die Qualitäten der Handlungen von einem - Widerstand gegen ein Etwas - zu einem - Sich dem Negativen zuwenden - um dieses in Folge durch einen sympathetischen Akt zu heilen. Das Ziel dieser Rituale wird in einem Off - Text vorgestellt. Ein Leben das im Jetzt stattfinden soll, in einer unmittelbaren Begegnung mit der / dem Anderen ohne Ressentiments und Vorverurteilungen. Die gesellschaftliche Utopie die Borjana Ventzislavoa in diesem Film beschwört liegt in keiner Vergangenheit und in keiner Zukunft. Es ist die lebendige Gegenwart in ihrer Fragilität und Schönheit. Der Film selbst ist jedoch kein magisches Ritual. Die Künstlerin verwendet Motive aus dem Bereich der Magie um diese durch einen künstlerischen Akt zu modifizieren und darzustellen.
Die verwendeten Gegenstände - das Ei als ein Symbol der Seele oder die Zitrone in die ein Nagel geschlagen wird als Motiv eines Nagelfetisch - stammen aus dem Kontext magisch - ritueller Handlungen. Diese werden in einer Fotoserie als Teil der Installation auch gesondert gezeigt. Doch ist das Ritual nicht nur der Magie zugehörig. Auch Religion und Kunst bedienen sich dieser Darstellungstechnik. Ein entscheidendes Merkmal entzieht die von den Protagonistinnen vollzogenen Akte der magischen Sphäre. Sie finden alle am Tag und an öffentlichen Plätzen statt. In der Magie vollzieht sich das Ritual im Verborgenen, in der Nacht und an der Grenze zur Natur. Borjana Ventzislavova verwendet die Form des Rituals um ohne ideologische Belehrungen die Möglichkeit einer gesellschaftlichen Wirklichkeit vorzustellen die durch ein lebendiges, vorurteilsfreies Begegnen konstituiert wird. Eine Idee die sie mit dem Begriff der Liebe des Anarchisten Pjotr Alexejewitsch Kropotkin teilt.
Copyright Boris Manner 2020